Psycho-News-Letter Nr. 22 : Normalität als ...
Daß alle Welt „normal“ sein möchte, erfährt man in jedem Erstgespräch – aber: was ist das bloß? Wie ist man „normal“? Im Mai-Heft der „Psyche“ erklärt der Literaturwissenschaftler Steven Marcus von der Columbia-University, welche Schwierigkeiten die Psychoanalyse mit diesem Begriff hat. Interessant ist sein Zugang. Er gräbt nämlich, dem Archäologen gleich, wichtige Bestimmungsstücke aus, die erhellen, wie vertrackt dieser Begriff tatsächlich ist. Aus den von ihm konsultierten Wörterbüchern gehe hervor, daß der Begriff des „Normalen“ erst um 1820 überhaupt auftaucht und dann im Zusammenhang von Biologie und Medizin gebraucht wurde, um pathologische Zustände eines Organismus bestimmen zu können. Damit hat der Begriff des Normalen von Anfang an eine schillernde Bedeutung: „“’Normal’ bezeichnete sowohl das, was die Regel war, als auch das, was die Regel sein sollte.“, schreibt Marcus. Der Begriff schillert zwischen „sein“ und „sein sollen“.
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