Psycho-News-Letter Nr. 43 : Psychoanalytische Berufsromane

Jauchzend entdecken Kinder in einem gewissen Alter die Möglichkeiten der Negation, etwa wenn sie, sich schlafend stellend, spielerisch von ihrer Mama gefragt werden, ob sie schlafen und dann, eine Sekunde vor dem Verlust der Ahnungslosigkeit, mit einem Lächeln und geschlossenen Augen antworten: Ja! Und in der nächsten Sekunde erschrecken - wenn das stimmt, hätten sie die Frage gar nicht bejahen können! Irgendwann bemerken sie dann, dass es in einer solchen Situation keinen Unterschied macht, ob sie die Frage verneint hätten. Es ist die Tatsache, dass sie überhaupt antworten, die den Unterschied zwischen „Ja" und „Nein" in solchen Situationen aufhebt. Solche Situationen - das sind die des kindlichen Versteckspiels unter dem Tisch, das schon früh als „Guck, guck - da da" in vielen Varianten beschrieben worden ist; man kann nicht sagen: „Ich bin nicht da!". Oder es sind Situationen der Beteuerung: „Ja, ich liebe Dich - wirklich!", denn selbst wenn man ein „echt, ehrlich!" anhängen würde, würde das aufrichtigste Bekenntnis nicht glaubwürdiger. Ein innigstes Gefühl, so die irritierende Entdeckung, kann nicht einfach „ausgedrückt" werden. Und zu solchen Situationen gehört auch die, dass einer „Ich" sagt und offenbar was ganz anderes meint, als wenn ich selbst „Ich" sage. Dieses merkwürdige Pronomen der ersten Personen Singular hat es in sich. Was uns als die selbstverständlichste Sache der Welt erscheint - „Ich ist hier" - erweist sich als vertrackt, denn was bezeichnet dieses „Ich" eigentlich?

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