Psycho-News-Letter Nr. 66 : Obduktion der Objektivität

Die allermeisten Psychotherapeuten sind wissenschaftstheoretisch leider nicht gut ausgebildet; sie lernen in der Medizin solche kontroversen Dinge, wie ich sie hier zusammengefasst habe, kaum. Dort scheint sich alles mehr oder weniger umstandslos in Richtung Objektivität von Anfang hin bewegt zu haben; Fehler wurden nach und nach ausgemerzt. So will es die medizinische Selbstmystifizierung. In der Psychologie hat man Statistikkurse und Methodenlehre und wird aufs nomothetische Wissenschaftsideal getrimmt. Jedenfalls fast überall. Dessen Ziel ist objektives Wissen und das ist ein solches, das ohne „subjektiven Faktor" von anderen reproduziert werden kann. Und weil Wissen und Lernen antagonistische Begriffe sind - wer weiß, muß ja nichts mehr lernen, wer lernt, gibt zu, dass er noch nichts weiß -, erstirbt im Psychologiestudium alsbald die Motivation, die einen dahin geführt hatte. Daher haben wir in der klassischen Testtheorie Worte wie Reliabilität und Objektivität und dann auch Validität. Das davon bestimmte und noch weiter angereicherte Denken leitet unsere Wahrnehmung wissenschaftlicher Befunde der empirischen Psychotherapieforschung, die sich selbst immer so darstellt, als ginge es mit immer weiterer Forschung schnurstracks geradeaus auf mehr und mehr Objektivität zu.

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