Unterdrückung, Verspätung, Übersetzung : Ein Vergleich der Verdrängungs-Modelle von Sigmund Freud und Jean Laplanche
Das Ziel der Masterarbeit ist es, die Verdrängungs-Modelle von Sigmund Freud und Jean Laplanche zu vergleichen, d.h. freizulegen und gegenüberzustellen, welche Weise des Zugriffs auf das allgegenwärtige Phänomen der Verdrängung durch die jeweiligen Modelle ermöglicht wird. Dafür folgt die Arbeit im ersten Teil Freuds klinischen Begegnungen mit der Verdrängung und seinen Versuchen, diese zu erklären. Bei der Freud-Lektüre werden zwei Erklärungen, mit denen Freud versucht, die Verdrängung theoretisch zu fassen, hervorgehoben: diese bei Freud nur implizit gefundenen Modelle werden in der vorliegenden Arbeit als Unterdrückungs- und als Verspätungs-Modell bezeichnet. Unter dem Begriff des Unterdrückungs-Modells werden jene Freudschen Beschreibungen gesammelt, bei denen ein Nicht-handeln-wollen oder Nicht-wissen-wollen und ein aktives Niederringen unverträglicher Vorstellungen oder Affekte im Zentrum stehen, der Begriff des Verspätungs-Modells soll dagegen jene Erklärungen umschließen, in welchen die Verdrängung als ein eher passiver Verlust verstanden wird, der auf einer Verspätung beruht, durch welche eigentlich Zusammengehöriges getrennt wird. Es wird nachgezeichnet, wie Freud diese Modelle auf unterschiedliche Weisen verbindet und wie im Laufe seiner Theorieentwicklung der eine oder der andere Gesichtspunkt stärker in den Vordergrund gerät. Im zweiten Teil der Arbeit werden Jean Laplanches sogenanntes übersetzerisches Modell der Verdrängung und die theoretische Arbeit, welche der Formulierung dieses Modells vorausging, vorgestellt. Laplanche entwickelt wichtige eigene Begriffe wie den der Übersetzung oder den der Botschaft und erweitert mit Hilfe dieser Begriffe die Freudsche Verführungstheorie, in welcher die Verspätung für die Erklärung der Verdrängung dominierte. Laplanche schließt an das Freudsche Verspätungs-Modell der Verdrängung an, nimmt aber mehr als Freud eine intersubjektive Perspektive auf die Verdrängung ein: nach Laplanche kann die Frage, warum etwas verdrängt wird, nicht mehr innerhalb der Grenzen des einzelnen Subjekts beantwortet werden. Bei der Gegenüberstellung der Verdrängungs-Modelle von Freud und Laplanche zeigt sich jedoch, dass Laplanche durch das Nicht-Aufgreifen anderer in der Freudschen Theorieentwicklung erwogenen Gesichtspunkte an Möglichkeiten verliert, Verdrängung im Rahmen einer Gesellschaftskritik zu denken. Während im Freudschen Unterdrückungs-Modell, aber auch in der bei Freud erwogenen Verknüpfung der Verdrängung mit dem Schmerzerlebnis die Annahme einer Konflikthaftigkeit des Verhältnisses von Einzelnem und Gesellschaft präsent ist, verliert diese Annahme bei Laplanche an Bedeutung. Das Verdrängte ist bei Laplanche reines Negativ der vorherrschenden gesellschaftlichen „Codes“, der Bezug auf etwas Vorgesellschaftliches bleibt aus.
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